Aversive Methoden und deren Folgen

Aversive Methoden und deren Folgen

Stell dir vor, du möchtest eine Fremdsprache lernen – und jedes Mal, wenn du ein Wort falsch aussprichst, bekommst du einen Stromschlag oder wirst angeschrien.
Wie hoch wäre deine Motivation zu lernen? Wie wohl würdest du dich in der Stunde fühlen und wie sympathisch wäre dir dein Lehrer?
Dieses Beispiel klingt utopisch - ist aber im Hundetraining oft noch Alltag. Denn oft werden bewusst oder unbewusst aversive Methoden eingesetzt.

Was sind aversive Methoden überhaupt?

„Aversiv“ kommt vom lateinischen aversare – „abwenden“ oder „ablehnen“. Im Hundetraining bezeichnet es Maßnahmen, die für den Hund unangenehm, beängstigend oder schmerzhaft sind, um ein Verhalten zu unterbrechen oder zu verhindern.
Es geht dabei immer darum, ob die angewandte Methode aus Sicht des Hundes unangenehm ist - dies hängt natürlich auch von der Sensibilität des Hundes und der Rasse ab. Beim Einsatz von aversiven Methoden denkt man zumeist an klassische Beispiele wie den Einsatz von Teletak oder Stachelhalsbändern - in Österreich ist übrigens alleine der Besitz dieser „Hilfsmittel“ verboten und damit strafbar.

Aber Trainingsmethoden beginnen schon viel früher aversiv zu werden: Nämlich immer dann, wenn es darum geht den Hund zu erschrecken (damit er ein Verhalten unterbricht). Und dies startet auch dabei, den Hund mit Gegenständen zu bewerfen, damit er aufhört zu bellen. Oder den Vierbeiner mit Wasser zu bespritzen, in die Seite zu „pieken“ oder Schellen vor den Hund zu werfen. Die Argumentation dahinter ist, dass dies dem Hund ja nicht weh tut oder ihm körperliche Schmerzen zufügt, daher kann die Methode ja nicht aversiv sein. Aber aversiv ist auch, wenn man den Hund permanent einen Schreckreiz zufügt.
Weitere klassische Beispiele: Leinenruck, Bedrohen, körperliche Einschüchterung, Schläge,…

Das Prinzip dahinter: Der Hund soll ein Verhalten unterbrechen und in Folge vermeiden, weil es unangenehme Konsequenzen hat.


Die Lerntheorie und der Einsatz von aversiven Metoden

stachelhalsband
Der Einsatz von Stachelhalsbändern ist in Österreich verboten und strafbar

Die Lerntheorie, allen voran die operante Konditionierung besagt, dass Hunde durch Konsequenzen lernen. Vorausgesetzt, der Hund handelt rational - also logisches Denken und Handeln ist möglich. Sobald Hunde aber Stress haben und dies geschieht auch, wenn man sie ständig erschrickt, wird Cortisol im Körper ausgeschüttet. Dies verhindert logisches Denken und somit auch Lernen.
Dem Hund wird permanent gesagt, was er NICHT tun soll - oft ist es dem Hund aber aufgrund des Stresslevels gar nicht möglich hier eine Verknüpfung herzustellen bzw. zu verstehen, dass er dieses Verhalten nicht zeigen soll. Lernen ist doch viel schöner, wenn man gezeigt bekommt, was man tun soll anstatt immer nur nein zu hören. Manche Hunde denken ja schon, dass ihr Name „Rambo nein“ ist.
Leider ist unsere Gesellschaft sehr strafbezogen erzogen worden: In der Schule geht es darum, wieviele Fehler hast du in einem Aufsatz gemacht. Nicht darum, wieviel man richtig gemacht hat. Man geht mit dem Hund in ein Restaurant und er legt sich brav unter den Tisch - das wird ignoriert (statt es zu belohnen, z.B.: verbal loben), weil er ja erwünschtes Verhalten zeigt. Sobald er aber aufspringt, bellt oder herumzieht, heißt es: Nein, aus Pfui,…
Hunde verstärken ein Verhalten, das sich für sie lohnt: z.B.: Hund setzt sich hin und er bekommt ein Leckerchen (positive Verstärkung). Im Gegensatz dazu, werden Hunde ein Verhalten weniger häufig zeigen, wenn dies nicht zum Ziel führt bzw. einen unangenehmen Reiz zur Folge hat (positive Strafe). Z.B.: Hund setzt sich auf eine Distel und die Folge des Hinsetzens ist ein Schmerzreiz. In Zukunft wird es sich der Hund mehrmals überlegen, ob er sich noch einmal hinsetzt, weil dies ja eine unangenehme Konsequenz für ihn hatte.
Nicht immer ist eine Konsequenz vom Menschen gesetzt oder für den Hund so negativ wie wir es annehmen - manchmal ist ein Nein, aus, pfui auch einfach Aufmerksamkeit und wirkt verstärkend, weil er ja ignoriert wird, wenn er sich ruhig verhält.

Die Lerntheorie besagt auch, dass es nur ein Verstärkung (Verhalten wird mehr) oder Strafe (Verhalten wird weniger) war, wenn das Verhalten danach auch tatsächlich häufiger oder weniger häufig gezeigt wird. Solange dies nicht geschieht, hat man einfach nur aversiv gearbeitet - ohne Effekt.

Weiters kommt hinzu, dass die Hunde sich auch an den Einsatz der aversiven Methode gewöhnen. Dies hat zur Folge, dass man immer härtere Methoden anwenden muss, um denselben Effekt zu erzielen. Wobei man ja eigentlich nur erfolgreich gestraft hat, wenn das Verhalten tatsächlich weniger häufig gezeigt wird. Zeigt der Hund das Verhalten trotzdem, war der Einsatz der aversiven Methode nicht effektiv und man ist nur brutal zu dem Hund, weil man immer wieder aversiv sein muss, damit das Verhalten in diesem Moment unterbrochen wird.
Natürlich liegen einem für uns Menschen unerwünschten Verhalten viele andere Dinge zugrunde: Emotionen wie Angst (Ich will nicht, dass du näher kommst, deshalb belle ich) oder Lernhistorie (Ich habe gelernt, dass du nur dann stehen bleibst oder weggehst, wenn ich belle und nach vorne springe), sowie Schmerzen (Ich bin grantig, weil mir meine Hüfte weh tut. Geh weg) oder Genetik (Ich als Herdenschutzhund habe genetisch fixiert, dass du eine gewisse Distanz wahren musst), etc. Die weiteren Hintergründe werden oft außer Acht gelassen. Man will das Verhalten stoppen, aus!

Die Bedürfnispyramide des Hundes – und wie aversive Methoden sie ins Wanken bringen

Ähnlich wie bei uns Menschen gibt es auch bei Hunden eine Hierarchie der Bedürfnisse. Erst wenn die unteren Ebenen erfüllt sind, kann der Hund sich voll und ganz auf höher liegende Ziele wie Lernen oder feine Kommunikation konzentrieren.


1. Physiologische Bedürfnisse

= Futter, Wasser, Schlaf, körperliche Unversehrtheit.

Aversive Methoden bedrohen somit die Basis der Bedürfnispyramide nach körperlicher Unversehrtheit, da sie auf Schmerz, Erschrecken, Überforderung, Stress und/ oder Angst beruhen. Wer sich um seine Sicherheit und körperliche Unversehrtheit Sorgen machen muss, hat im wahrsten Sinne des Wortes keinen Kopf für Lernen.


2. Sicherheit

= Schutz vor Gefahren, Verlässlichkeit im Alltag, eine vorhersehbare Umwelt.

Wird ein Hund durch Training verunsichert oder bedroht, bricht diese Ebene weg – Lernen ist dann kaum mehr möglich.


3. Soziale Bindung
=
Hunde sind soziale Lebewesen, die in einem Familienverband leben und die Nähe und das Vertrauen zu Menschen und Artgenossen brauchen.

Aversive Maßnahmen schädigen das Vertrauen in den Menschen und untergraben soziale Sicherheit. Der Mensch ist unberechenbar, da das Tier sehr oft den Schmerz- oder Schreckreiz nicht mit seiner Handlung verknüpft. Somit kommt der Schreckreiz aus Sicht des Hundes unerwartet. Dies schädigt massiv die Bindung und das Vertrauen.

4. Anerkennung & Selbstwirksamkeit
= Das Gefühl, etwas richtig zu machen und Einfluss auf die Umwelt zu haben.

Unterdrückt man Verhalten nur, ohne eine Alternative anzubieten, erlebt der Hund Kontrollverlust. Dies kann bis zur erlernten Hilflosigkeit und zur absoluten Selbstaufgabe führen.
Dem Verhalten kann viel zugrunde liegen: Emotionen, Lernhistorie, Schmerzen, Stress,…. Reagiert der Hund aus Angst, kann dieses Verhalten nur für eine gewisse Zeit mit aversiven Methoden unterdrückt werden. Denn die Angst wird ja dadurch nicht weniger. Ganz im Gegenteil - es kommt noch Stress (wann bekomme ich die nächste Ohrfeige) und Angst vor dem Besitzer hinzu.

5. Selbstverwirklichung / geistige Auslastung
= Freude am Lernen, Entdecken, Ausprobieren.

Diese Ebene ist nur erreichbar, wenn die unteren Stufen stabil sind – Angst oder ständiger Stress blockieren den Weg dorthin.


Aversive Methoden reißen oft gleich mehrere Ebenen der Bedürfnispyramide ein – und ein Hund, dessen Grundbedürfnisse nicht erfüllt oder ständig gestört werden, kann weder entspannt noch motiviert lernen. Dass sich dieser Hund auch nicht wohl fühlt, versteht sich wohl von selbst…

Was passiert dabei im Hund?

Wenn eine aversive Maßnahme eingesetzt wird, löst sie im Hund eine Stressreaktion aus – und zwar unmittelbar.
Das Gehirn schüttet Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Puls, Blutdruck und Muskelspannung steigen, die Atmung wird schneller. Der Hund geht in einen Alarmzustand, denn schließlich ist seine körperliche Unversehrtheit bedroht. In diesem Zustand ist Lernen absolut nicht möglich.

Das Problem:

  • Der Hund lernt nicht was er tun soll, sondern nur was er vermeiden muss. Es ist kein schönes Lernen, wenn man ständig gesagt bekommt, was man alles nicht tun soll. Aber nie, was eigentlich gewünscht ist. Meistens wird das erwünschte Verhalten ignoriert, denn der Hund zeigt es ja eh. Das unerwünschte Verhalten wird mit dem Einsatz von aversiven Methoden unterbrochen.
  • Die Verknüpfung ist oft unklar: Wenn der Hund z. B. bei einer Hundebegegnung einen Leinenruck bekommt, verknüpft er möglicherweise nicht sein Ziehen, sondern den anderen Hund mit Schmerz oder Schreck. Denn der Leinenruck kommt in dem Moment, in dem er den anderen Hund ansieht. Somit züchtet man sich das Problem selbst.

Wird immer wieder mit aversiven Reizen gearbeitet, kann das zu chronischem Stress führen.
Chronischer Stress bedeutet, dass das Cortisolniveau  (Stresshormon) dauerhaft erhöht bleibt. Das hat weitreichende Konsequenzen:

  • Gesundheitlich: Geschwächtes Immunsystem, Verdauungsprobleme, Muskelverspannungen, erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Emotional: Ängstlichkeit, Unsicherheit, Misstrauen.
  • Kognitiv: Verminderte Lern- und Konzentrationsfähigkeit, weil das Gehirn im „Überlebensmodus“ ist und kaum Ressourcen für Lernen hat.

Besonders tückisch: Chronischer Stress baut sich nur langsam ab. Selbst wenn der Auslöser wegfällt, kann der Hund noch Wochen oder Monate unter erhöhter Anspannung stehen.

Cortisol im Körper bedeutet Alarmbereitschaft. Der Bereich im Gehirn, der für logisches Denken verantwortlich ist, wird overruled. Das Tier ist nur mehr zu instinktivem Handeln ohne Nachdenken fähig - den 4 Stressreaktionen.
- Angreifen (Fight)
- Flüchten (Flee)
- Herumalbern (Fiddle)
- Einfrieren (Freeze)

Zudem werden derzeit folgende langfristige Stressreaktionen erforscht: 
- Erlernte Hilflosigkeit: Der Hund hat gelernt, dass er nichts tun kann, um seine gegenwärtige Situation zu verbessern. Egal, was er macht, er erhält Strafreize. Die Folge ist eine totale Selbstaufgabe und ein sich in sein Schicksal ergeben.

- Angepasstheit: Manche Hunde lernen, dass Gehorsam ihnen das Überleben sichert und stellen somit die Bedürfnisse des Menschen komplett über ihre eigenen. Sie tun was von ihnen verlangt wird, wirken extrem angepasst. Trotzdem sieht man ihnen das hohe Stresslevel an.

Was macht das mit der Mensch-Hund-Beziehung?

Ein Hund, der durch unangenehme Reize trainiert wird, lernt, dass der Mensch unberechenbar und brutal ist. Es ist kaum möglich den aversiven Reiz im EXAKT richtigen Moment zu setzen, daher kommt er für den Hund unvorbereitet und ohne erkenntlichen Grund.

Das Ergebnis:

  • Weniger Vertrauen – der Hund orientiert sich nicht mehr gerne am Menschen.
  • Weniger Freude am gemeinsamen Training.
  • Mehr Angst oder Aggression, vor allem in Situationen, die der Hund mit den aversiven Erlebnissen verknüpft.

Eine starke Mensch-Hund-Bindung basiert auf Sicherheit und Vorhersehbarkeit – genau das wird durch aversive Methoden untergraben.

Mythen

Man muss den Hund absichtlich in eine Situation bringen, in der einen Fehler macht, damit man diesen abstrafen kann.

Das ist nicht nur extrem unfair, weil man dem Hund ja eigentlich eine „Falle“ stellt, zudem lernt er auch noch, dass der Mensch unberechenbar ist und ihm Schmerzen zufügt. Dies schädigt absolut das Vertrauen.

Argumentation für den Einsatz von aversiven Methoden: Die Natur bedient sich aller vier Quadraten der Lerntheorie

  • negative Strafe: Ein angenehmer Reiz wird entfernt, damit das Verhalten weniger wird
    Z.B.: Der Hund springt hoch, man dreht sich weg. Der Hund bleibt unten sitzen = Aufmerksamkeitsentzug für unerwünschtes Verhalten Hochspringen
    Folge: Frust
  • positive Strafe: Ein unangehmer Reiz wird hinzugefügt, damit ein Verhalten weniger wird
     z.B.: Hund bellt - er bekommt einen Schlag auf den Kopf - das Bellen hört auf. Wenn er weiter bellt und man ihn immer wieder schlagen muss, hat diese Methoden keinen Effekt.
    Folge: Schmerzen, Angst, Stress
  • Positive Verstärkung: Etwas Angenehmes wird hinzugefügt, damit das Verhalten mehr wird
    Z.B.:  Der Hund setzt sich hin und bekommt ein Leckerchen.
    Folge: Freude
  • Negative Verstärkung: Etwas Angangenehmes wird entfernt, damit das Verhalten mehr wird.
    Z.B.: Der Hund soll sich hinlegen. Man zieht so lange an der Leine, bis er liegt und danach lässt der Zug auf der Leine nach.
    Das Problem bei dieser Methode: Man muss den unangenehmen Reiz ja erst hinzufügen, damit er weggenommen werden kann…
    Folge: Erleichterung
stachelhalsbänder in österreich verboten
Stachelhalsbänder sind schmerzhaft und aversiv

Die Natur bedient sich nicht nur des Quadranten positive Verstärkung, ABER wenn das unerwünschte Verhalten stoppt, lohnt es sich für den Hunde und es wird nicht ständig aversiv gehandelt. Die Natur provoziert auch nicht absichtlich Situationen, um aversiv reagieren zu können.

Auch positiv arbeitende Trainer bedienen sich z.B.: der negativen Verstärkung. Wenn der Hund hochspringt, dreht sich der Besitzer kurz weg. Der Hund bleibt am Boden - der Besitzer dreht sich zurück und belohnt den Hund. Der Unterschied ist, dass erwünschtes Verhalten sofort belohnt wird, damit es nicht wieder dazu kommt, dass der Hund hochspringt. Bzw. geht es auch darum, dass man versucht, dass das unerwünschte Verhalten erst gar nicht auftritt (statt es z.B.: absichtlich zu provozieren).

Positiv arbeitende Trainer analysieren auch den Hintergrund des unerwünschten Verhaltens und zielen nicht auf eine reine Verhaltensunterbrechung ab:
Der Hund darf keinen Stress haben und darf auch nicht zu aufgeregt sein. Denn dann ist Lernen nicht möglich und er KANN vor lauter Aufregung gar nicht mit seinen 4 Pfoten am Boden bleiben. Auch hier muss man wieder hinterfragen: Ist das Hochspringen eine Übersprungshandlung aus Stress? Will er eigentlich, dass der Mensch sich entfernt? Oder freut er sich so sehr, dass er sich nicht zurückhalten kann - dann sollte man an seinem Erregungslevel und an seiner Impulskontrolle arbeiten. Hier den Hund auf die Decke zu schicken, der dort am ganzen Leib zittert, wird nicht viel Erfolg bringen. Impulskontrolle ist endlich und wenn sie aufgebraucht ist, wird der Hund reaktiver. Das ist bei uns auch so: Je länger wir uns beherrschen müssen, desto schwerer fällt es uns und irgendwann geht es nicht mehr.
Grundsätzlich sollte ein guter Trainer immer versuchen das unerwünschte Verhalten nicht zu provozieren bzw. es gar nicht soweit kommen lassen - also schon vorher belohnen, bevor der Hund überhaupt hochspringt.

Das Ignorieren von unerwünschtem Verhalten funktioniert nicht, deshalb muss man mit aversiven Methoden arbeiten

Der Besitzer kommt nach Hause, der Junghund freut sich riesig und statt einer Begrüßung wird er ignoriert bis er sich beruhigt. Die Aufregung ist schon sehr hoch, der Besitzer ignoriert den Hund. Die Folge ist Frust und er intensiviert sein Verhalten - er wird mehr bellen, hochspringen und irgendwie versuchen die Aufmerksamkeit des Besitzers zu erlangen. Bis der Besitzer grantig wird und den Hund anbrüllt…
Große Aufregung, gepaart mit schlechter Impulskontrolle ohne Erfolgsaussichten führt schnell zu Frustration und Aggression. Es wäre doch viel schöner, wenn der Hund bei der Begrüßung eine kleine Knabberstange bekommt (Kauen beruhigt), dann geht man in die Knie und begrüßt den Hund ruhig. Auf diesem Fundament kann man dann aufbauen und arbeiten.

Gibt es Alternativen?

positives hundetraining

Statt Verhalten mit Angst oder Schmerz zu unterdrücken, ist es deutlich effektiver, dem Hund eine klare, positiv besetzte Alternative anzubieten:

  • Positive Verstärkung: Belohne erwünschtes Verhalten, statt unerwünschtes zu bestrafen.
  • Management: Situationen so gestalten, dass Fehlverhalten gar nicht erst entsteht.
  • Markertraining: Klare Kommunikation durch Clicker oder Markerwort.
  • Bedürfnisgerechte Auslastung: Beschäftigung, die körperlich und geistig erfüllt.

So lernt der Hund: „Wenn ich mich so verhalte, passiert etwas Gutes.“ – und das steigert Motivation, Vertrauen und Freude.

Aversive Methoden scheinen im ersten Moment zu funktionieren. Und das auch noch relativ schnell, da die Hunde das Verhalten sofort unterbrechen, um dem Schreck- oder Schmerzreiz zu entgehen. Sie können das Verhalten aber nur kurzfristig unterdrücken. Denn zumeist liegt einem Verhalten eine Emotion und eine Lernhistorie zugrunde.
Der Hund bellt andere Hunde an, weil er einmal gebissen wurde und Angst hat. Er möchte die anderen Hunde mit seinem Bellen auf Distanz halten. Statt dem Verhalten auf den Grund zu gehen, erhält er imm einen Leinenruck, wenn ein anderer Hund auftaucht.
Kurzfristig wird das Bellen weniger. Aber zu einem hohen Preis: Angst, Stress, Vertrauensverlust und gesundheitliche Risiken.
Die Emotion hinter dem Verhalten wurde aber nicht trainiert. Dem Hund wurde auch nicht gezeigt, wie er sich stattdessen verhalten soll. Somit wird das Bellen nur kurzfristig unterdrückt. Aufgrund des hohen Stresslevels kann der Hund nach kürzester Zeit in ein massiv aggressives Verhalten kippen, um sich die Hunde vom Hals zu halten.
Wer auf eine stabile, glückliche und kooperative Beziehung zu seinem Hund setzt, sollte auf gewaltfreie, bindungsorientierte Trainingsmethoden setzen.
Denn Hunde, die aus Freude und Vertrauen lernen, sind nicht nur leichter zu erziehen – sie sind auch die besseren Lebensbegleiter.

Nicht nur, dass es die Bindung massiv schädigt, ein effektiver Einsatz von aversiven Methoden ist kaum möglich.

  • Timing: Erwischt man das richtige Timing für den Einsatz der aversiven Methode? Oder doch den Moment, in dem der Hund schon wieder ein ganz anderes Verhalten zeigt?
  • Generalisierung nicht möglich: Aufgrund des hohen Stresslevels kann der Hund sein Verhalten nicht mehr generalisieren.
  • Schädigt massiv die Bindung und das Vertrauen zum Besitzer

Fazit

In der Kindererziehung war es früher auch üblich, dass der Lehrer mit dem Rohrstock arbeitete oder die Kinder in der Schule gezüchtigt wurden. Die bekannte „Pflichtwatsch’n“ und das ständige Strafen der Kinder. Hier hat ein Umdenken stattgefunden. Hunde sind fühlende Wesen, die uns Menschen ähnlicher sind als wir denken - auch sie haben Emotionen und fühlen Angst, auch sie sind mal überfordert oder aufgeregt.

Aversive Methoden mögen auf den ersten Blick wie eine schnelle Lösung wirken, doch sie sind weder nachhaltig noch fair dem Hund gegenüber. Viel wichtiger ist es, auf Vertrauen, Verständnis und eine gute Kommunikation zu setzen. Hunde lernen am besten, wenn sie sich sicher fühlen, Freude am Training haben und in kleinen, gut verständlichen Schritten begleitet werden.

Wer sich für positive Trainingswege entscheidet, schenkt seinem Hund nicht nur Lernerfolge, sondern auch ein stabiles Fundament für eine vertrauensvolle Beziehung. Denn ein Hund, der nicht aus Angst handelt, sondern weil er verstanden hat, was wir von ihm möchten, ist ein wahrer Partner an unserer Seite.

Lass uns also gemeinsam auf ein Miteinander bauen, das von Respekt, Freude und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist – damit Training nicht Strafe bedeutet, sondern ein schönes Stück gemeinsame Lebenszeit.